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Interview mit Locotango, Biel

26.12.2014


In Biel findet die letzte Milonga von Locotango am bisherigen Ort „Le Kreuz“ statt. Bei der Milonga kommt seit über 3 Jahren eine Musikanlage für hohe musikalische Ansprüche zum Einsatz. Klaus Schwarzwälder berichtete darüber am 20. Juli 2011 in einem Artikel bei blogspot.ch.

tangoinfo.ch im Gespräch mit Klaus Schwarzwälder von Locotango (mi)


arrow Ihr habt heute Dernière im Le Kreuz. Die Milonga „Locotango“ wird ab 2015 an anderem Ort weitergehen. Deinen Artikel „Ein Weg zum guten Klang“ finde ich sehr spannend! Du schreibst darin, die Musikanlage müsse der Tangomusik der Epoca de Oro gewachsen sein (1930er bis 50er Jahre).

Was sind die wichtigsten Anforderungen an die Musikanlage?


Die Musikanlage sollte eine Musik liefern, die nie ermüdend ist. Man sollte sich bei der Musik wohlfühlen, die Zuhörer dürfen nicht von Bässen oder von schrillen Höhen „geplagt“ werden. Die Musik sollte sehr harmonisch und wohlklingend sein. Dies war unser Hauptkriterium.

Nicht von jedem Stück hat man eine wirklich gute Aufnahme. Es gibt DJs, die merken, dass es nicht so gut klingt. Dann nehmen sie die Mitten weg, lassen nur die Höhen stehen und den Bass - es gibt Milongas, wo das tatsächlich gemacht wird. Das Ergebnis ist „grausam“ und für mich fast unerträglich. Es entsteht ein Musikbrei, der im Bassbereich dröhnt und in den Höhen klirrt.


arrow Bringt bei den Tangostücken die Komponente „Gesang“ noch eine besondere Herausforderung?

Wir setzen sog. Koaxiallautsprecher ein; das bedeutet im Zentrum vom Basslautsprecher befindet sich der Hochtöner. Diese Konstruktion sorgt dafür, dass alle Tonfrequenzen „aus einer einzigen Quelle kommen“ und somit keine Phasenverschiebungen entstehen. Man hatte solche Lautsprecher schon in den späten 40er Jahren gebaut, um die Verständlichkeit der Sprache zu verbessern. Seither gibt es das Konzept – zwar nicht ganz billig – aber es bringt eine Musik mit sehr gut verständlicher Sprache und das kommt somit dem Gesang zugute.

Bild 1 Aufbau der Lautsprecher Aufbau der Lautsprecher


arrow Ihr setzt als technische Besonderheit einen „Finalizer" ein. Den erklärte mir zuvor René (*) Kann jeder eurer DJs den Finalizer selber programmieren?

Wir haben festgestellt, dass die einmal gemachte Einstellung für diesen Raum sehr gut passend ist. Jeder DJ macht nur geringe Anpassungen. Z.B. ist bei der Musik von Troilo die Dynamik (= Unterschied zwischen leisen und lauten Tönen) sehr hoch. So kommt es vor, dass wir bei gegebenem Geräuschpegel der Besucher die Troilo-Musik in der Dynamik etwas stärker komprimieren, d.h. die leisen Passagen etwas anheben, damit sie im Raum nicht verlorengehen. Dafür ist der Finalizer ideal.


Bild 3 Laptop und Finalizer Laptop und Finalizer


arrow Wie ist die Resonanz für euch als Veranstalter und wie für eure Milongabesucher?

Für uns als Veranstalter ist die Erfahrung mit der Anlage sehr positiv. Wir haben Freude an der Qualität. Den Besuchern gefällt die Milonga („bei euch ist es schön"), aber es ist ein subjektives Gefühl: die Musik ist laut genug zum tanzen und man kann sich auf den Sitzgelegenheiten trotzdem unterhalten. Es liegt daran, dass sich die Besucher nicht im Detail für die Technik interessieren, sie stellen „einfach fest", dass es angenehm ist. Es gibt einige wenige Besucher (vielleicht 3 Prozent), die beim Eintreten in die Milonga sofort sagen „das tönt aber gut bei euch!"



(*) technische Information: der Finalizer ist eine Studiokomponente mit mehreren zuschaltbaren und parametrierbaren Funktionen, u.a. mit D/A-Wandler, Equalizer, einem Dynamikkompressor, Expander und Limiter. Letztere werden eher dezent eingesetzt.

Im Analogteil gibt es eine galvanische Trennung, damit keine elektrischen Brummschleifen entstehen. Zugleich wird das Tonsignal bei der galvanischen Trennung auch immer in ein Mono-Audiosignal umgewandelt. Mit diesem Mono-Signal werden dann die vier Aktivboxen an der Decke angesteuert. Die Lautsprecher sind im 90 Grad Winkel angeordnet und geben alle dasselbe Signal wieder. So entsteht im ganzen Raum ein gleichmässig klingender Sound.


Bild 2 Aufbau der Lautsprecher Aufbau der Lautsprecher


arrow Wenn ihr mit der Milonga an den neuen Ort geht, wollt ihr euch dann technisch nochmal steigern?

Wir gehen an den Ort, an dem auch die Sonntags-Milonga seit bald 12 Jahren stattfindet (insofern also kein neuer Ort). Wir nehmen die Lautsprecher mit und werden sie dann wegen der Raumgeometrie etwas anders aufhängen (der Raum ist eher in die Länge gezogen). Wir haben es schon ausprobiert und werden dann am Finalizer ein paar Einstellungen anpassen.


arrow Du hast in dem Blog geschrieben, dass die gute Hardware nun auch besseres Quellmaterial erfordert, also die Musikdateien. Habt ihr euch daher schon von bestimmten Tango-Labels verabschiedet, weil ihr mit deren Qualität vielleicht nicht mehr zufrieden seid?

Heutzutage haben die DJs pro Musikstück 4 oder 5 verschiedene Aufnahmen. Und dann wählen sie natürlich die besten aus. Wir von Locotango suchen natürlich auch immer neues Material. Die bisherigen mp3-Dateien haben wir alle rausgeschmissen und verwenden nur noch unkomprimierte Musikformate.


arrow Was ist für euch ein qualitativ gutes Plattenlabel? Habt ihr bevorzugtes Material?

Das kann man so nicht generell sagen. Wir haben z.B. von Tangotunes sehr gute Sachen, aber zugleich haben die auch Musikstücke, die sich von anderen Anbietern überhaupt nicht unterscheiden. Fast immer gut sind die Editionen des japanischen Sammlers Akihito Baba mit dem Label CTA (Club Tango Argentino).


arrow Ihr habt für das Equipment 4'500 Euro (gebraucht, Neuwert ca. 10'000 Euro) ausgegeben. Eigentlich gar nicht so viel, wenn man bedenkt, was es an technischen Vorteilen bietet. Ihr habt nun seit über 3 Jahren Erfahrungen damit gesammelt - gebt ihr euer Wissen auch an andere Veranstalter weiter?

Ja natürlich. Daher haben wir 2011 den Artikel in dem Blog geschrieben, damit jeder davon profitieren kann. Wenn ein Veranstalter oder DJ heute auf uns zukommt, geben wir unsere Erfahrungen gerne weiter. Beispielsweise hat vor kurzem ein Veranstalter aufgrund unserer Expertise seine Musikanlage neu konzipiert und wird sie demnächst neu beschaffen.


arrow Ihr habt den Verein Locotango - ich nehme an, ihr sucht dafür auch ständig neue Mitglieder?

Ja, wir sind auf Mitglieder angewiesen, denn mit ihren Jahresbeiträgen ermöglichen sie uns Investitionen zu tätigen. So war die Anschaffung der Musikanlage nur dank dieser Beiträge möglich. Ausserdem ist eine Mitgliedschaft auch identitätsstiftend, was unser Hauptziel in Biel eine Tangoszene aufzubauen unterstützt.

Wir sind auch weiterhin daran interessiert ein eigenes Lokal zu finden, was sich bis jetzt als sehr schwierig erwiesen hat. Unsere Mitglieder helfen uns zum Teil bei der Suche und sollten wir fündig werden, sind wir froh ein bisschen Geld in der Kasse zu haben.


arrow Gerade noch ist Weihnachten, also auch Zeit der Wünsche. Wenn jetzt der Tango-Samichlaus ganz grosszügig hereinkäme, was würdest du dir von ihm wünschen?

Eine Verbesserung der Musikanlage hätte in diesem Fall keine Priorität, da wir schon auf einem sehr hohen Niveau sind. Aber mein grösster Wunsch im Moment sind bessere Aufnahmen der traditionellen Tangomusik aus der Epoca de Oro. Ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber es ist ein Jammer, dass von einem phantastischen Orchester, wie es z.B. Anibal Troilo führte, keine besseren Aufnahmen vorhanden sind.


arrow Merci für unser Interview und alles Gute für's 2015!

arrow Deine Meinung zum Artikel im Foro de tango

arrow Zum guten Schluss noch ein akustisches Musikbeispiel, welches live in der Milonga aufgenommen wurde (16 bit, 44 kHz). Der Standort des Rekorders war auf einem der Besucher-Tische (daher auch die Zusatzgeräusche neben der Musik...). An dem Beispiel kann man erkennen, dass der Sound sehr ausgewogen ist, keine dumpfen Bässe oder schrille Höhen. Auch ist die Qualität des Sounds im ganzen Saal gleichmässig hoch. Gratulation Locotango!

Da wir ja über Musikqualität gesprochen haben, folgen 3 Varianten. So kann jeder sein Download-Volumen selbst bestimmen.

Musik
mp3 in 128 kbit/s (2.6 MB)
mp3 in 320 kbit/s (6.5 MB)
WAV unkomprimiert (29.0 MB !)


Bild 4 Milonga ... die Milonga zur Freude aller!



update: 12 Jan 2015 © tangoinfo.ch
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